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Sinn und Zweck einer Hausleine

Marlen Brandenberg

Wie unterstütze ich meinen Hund in schwierigen Situationen IM Haus?


Was ist eine Hausleine?

Eine „Hausleine“ ist ein Brustgeschirr, welches im Haus getragen wird, zeitweise mit Leine. Das Brustgeschirr muss angenehm leicht und weich sein und es sollte keine Verschlüsse haben, die beim Liegen stören oder Abdrücke geben. Die Leine sollte ebenfalls sehr leicht sein, mit einem Mini-Karabiner, der nicht auf dem Rücken des Hundes stört. Ausserdem darf die Leine keine Ösen haben. Am besten geeignet sind Leinen aus dünner Biothane mit einer Länge von 3 Metern, die nirgends hängen bleibt und sich gut zwischen Stuhl, Tisch usw. durchschlängeln kann.


Wozu muss ich den Hund im Haus an der Leine haben?

Die „Hausleine“ dient dem Management, d. h., dass ich Situationen verhindern kann, BEVOR sie entstehen. Sobald ich sehe, dass mein Hund ein Verhalten zeigt, welches ich nicht möchte (z. B. das dauerhafte Fixieren der Katze oder Anspringen von Besuchern) oder bei der Gewöhnung an andere Haustiere oder Kleinkinder, nehme ich den Hund schon von Beginn an aus dieser Situation heraus, bzw. lass ihn erst gar nicht hineinkommen, in dem ich ihn an die „Hausleine“ nehme.

 

Ich gebe dem Hund damit Sicherheit und zeige ihm, auf eine für ihn verständliche und positive Art, was ich gerne von ihm hätte.

 

Die Leine ist dran, damit ich meinen Hund gut aus der Situation wegführen kann, ohne dass ich ihn z. B. direkt anfassen, am Halsband oder gar ins Fell packen muss. Ich bedrohe den Hund damit auch nicht körperlich, was leider oft passiert, wenn ich in „brenzligen“ Situationen schnell handeln muss. Ich kann ruhiger agieren und es wird für den Hund verständlicher. Alternativen werden unterstützt und dadurch gefördert.


Beispiel: Mein Hund fixiert die neue Katze/Hund im Haushalt:

Mit der „Hausleine“ habe ich die Möglichkeit, den Hund ruhig mit mir aus dieser Situation (fixieren des Gegenübers) zu nehmen und die Distanz zur Katze zu vergrössern. Wir schauen die Katze dann in Ruhe aus z. B. 5 Metern Entfernung an. Gleichzeitig spreche ich mit meinem Hund und sage z. B. „das ist Katze Mimi, die gucken wir nur an, die darf auch hier wohnen…“ und erkläre dem Hund mit ruhiger Stimme, dass die Katze nun auch zu unserer Familie gehört. Wenn der sich nach einer Zeit (kann von wenigen Sekunden bis auch Minuten dauern) von allein von der Katze abwendet und zu mir kommt, bekommt er ein tolles Goodie (Leckerli) oder ich steure Kekse auf den Boden neben mir.

Läuft er zur Katze hin, stoppe ich ihn an der Leine ganz fein, und ohne, dass ich daran ziehe oder ihn zurückreise. Ich halte ihn nur davon ab, in eine Situation zu kommen, die ungut ist.

Ich unterstütze ihn und zeige ihm ein anderes Verhalten (von der Katze weg), bzw. lobe ihn, wenn er eine Veränderung (von der Katze abwenden, wegschauen) von sich aus macht.


Die „Hausleine“ bleit solange dran, bis diese Situationen nicht mehr stattfinden, und immer, wenn die Katze in der Nähe ist, zieht man die Leine und das Geschirr an. Diese Massnahme kann Wochen bis Monate notwendig sein. Die „brenzligen“ Situationen nehmen aber stetig ab, und irgendwann wird die Leine nicht mehr benötigt.


Ich musste das z. B. machen, als meine Akita Hündin bei uns als Welpe einzog. Es leben hier auch noch Chihuahuas, die wären schnell „platt“ gewesen, hätte meine Akita Hündin Miyuki nicht von Beginn an Hilfe von mir bekommen, wie man mit den „Minis“ umgeht und das man sie nicht überrennen darf.

 

Die „Hausleine“ war dran, zur Sicherheit der kleinen Hunde, gleichzeitig konnte ich aber auch beruhigter einen näheren Kontakt zulassen und das fördert die Sicherheit bei allen Parteien. Ich habe bei meinem Welpen das Brustgeschirr auch angezogen, wenn es Situationen gab, die für sie schwierig waren im Haus, z. B. Besuch, Türklingel oder wenn sie Mühe hatte zur Ruhe zu kommen (bei Aufregung abends).


Grosse Aufregung bei Besuch bedeutet für den Welpen auch Stress.

Ich habe ihr damit Schutz gegeben, ihr gezeigt, dass sie beim Besuch auch gar nicht zu den Leuten hin muss, sondern, dass sie mit mir zusammen auch auf Abstand gucken kann, ohne dass sie sich zu sehr aufregen muss (Übersprungsverhalten wird leider oft mit Freude verwechselt). Dazu habe ich sie an die Leine genommen, den Besuch am Eingang ruhig begrüsst (Miyuki durfte, wenn sie wollte, an den Menschen schnüffeln, und bevor mehr Aufregung reinkam, nahm ich sie mit der Leine mit ins Wohnzimmer und behielt sie bei mir, bis der Besuch sich gesetzt hatte).

Auf dem obigen Foto sieht man meinen Besuch auf dem Boden liegen und mit dem Welpen spielen, auch da konnte ich die Situation unterbrechen, wenn es zu wild wurde, da gerade junge Hunde oft Mühe haben in solchen Situationen nicht zu überdrehen.

 

Das Brustgeschirr hat ihr viel Sicherheit gegeben, und ich konnte damit ungute Situationen bei der Entstehung schon verhindern.

 

Dieses Vorgehen ist für den Hund viel angenehmer, weil er nicht korrigiert wird, nachdem ein unerwünschtes Verhalten geschehen ist, sondern man hilft ihm zu überlegen, inne zu halten und das Ganze noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen. Die Verhaltensveränderung kommt dann meist direkt vom Hund.


Beispiele von Verhaltensveränderungen, die der Hund uns zeigen kann in diesen Situationen:

  • Hund wendet sich zu uns

  • Hund läuft aus der Situation

  • Hund setzt sich hin und guckt in Ruhe

  • Hund legt sich hin

  • Hund wendet den Kopf ab

  • Hund beschwichtigt das Gegenüber (Calming Signals)

  • Jegliche deeskalierenden Verhaltensweisen


Jede Veränderung wird ruhig gelobt mit Worten, wie z. B. „sehr fein machst Du das“ und wenn der Hund mag und es ihn nicht hochdreht, kann man nach der deeskalierenden Verhaltensveränderung auch gerne Goodies oder Kekse neben ihn auf den Boden streuen.

 

Mit der „Hausleine“ konnte ich im Gegenzug auch gute Situationen beruhigter zulassen.

Foto: Ella (Chihuahua) und Miyuki (Akita) durften sich in Ruhe, mit Zeit und in geschütztem Rahmen kennenlernen.

Heute ist ein Miteinander komplett ohne Leine absolut selbstverständlich und die Achtsamkeit der grossen Hündin gegenüber der Kleinen ist sehr gross.


Es geht hier nicht darum, den Hund an der Leine zu kontrollieren oder mit Leinenruck oder dergleichen aversiv zu „erziehen“ (deshalb auch eine ganz leichte Leine mit einem „Chihuahua-Karabiner“. Die Leine ist unser „verlängerter Arm“ und ich sehe es als „ich gebe dir die Hand und führe Dich aus der schwierigen Situation raus“.

 

Die Leine hilft nur uns Menschen, die wir oftmals zu langsam sind, damit wir den Hund nicht in eine doofe Situation laufen lassen müssen.

 

Zwischenfazit:

  • Bei der „Hausleine“ geht es nicht um „Erziehung“, sondern um reines Management.

  • Verhalten verhindern bevor es passiert.

  • Hierzu wird an erster Stelle eine gute Beobachtungsgabe von Dir benötigt, damit Dein Hund gar nicht in diese Situationen kommt, und wenn doch, ihm lieb und freundlich geholfen wird.


Folgendes muss beachtet werden:

  • Geschirr und Leine darf nicht dieselbe sein, wie die, die Du draussen zum Spazierengehen verwendest! Wir möchten nicht, dass der Hund in eine Erwartungshaltung/Aufregung kommt, weil er das „Alltagsgeschirr“ mit dem Spaziergang verbindet.

  • Leine und Geschirr müssen wirklich äusserst leicht und angenehm sein. Die „Hausleine“ dient nicht dazu, grosse Kräfte auf die Leine auszuüben, sondern wirkt nur als unser verlängerter Arm.

  • NIE die „Hausleine“ am Halsband befestigen.

  • Es geht nicht um „Erziehung“, sondern um Management! Der Hund lernt daraus selbstständig angemessenes Verhalten und dies wird gefördert! Gleichzeitig lernt er seinem Menschen zu vertrauen, weil dieser ihn versteht und ihm Hilfe anbietet, da wo er es selbst noch nicht kann.

  • Möglichst beim Wegführen nie Zug auf die Leine geben, der Karabiner sollte immer locker runter hängen.

  • Die „Hausleine“ darf NIE irgendwo befestigt werden! Also nicht am Stuhlbein, Heizung oder dergleichen anbinden, die Leine gehört nur in die Hand des Bezugsmenschen.

 

In welchen Situationen kann ich die „Hausleine“ benutzen?

  • In allen Situationen, in denen Dein Hund Hilfe benötigt;

  • Wenn er Unsicherheiten zeigt oder überfordert ist (z. B. bei Besucher-Situationen);

  • Klingeln an der Haustür;

  • Bei kleinen Kindern, die dem Hund suspekt sind;

  • Neue tierische Familienmitglieder (neuer Hund zieht ein, neue Katze, Meerschweinchen usw.);

  • Welpen / Junghunde helfen zur Ruhe zu kommen;

  • Bellen am Gartenzaun (bei richtiger Anwendung).

 

Die „Hausleine“ macht in allen Situationen Sinn, in der der Hund noch nicht weiss, wie er sich von selbst und in unseren Augen angemessen verhalten soll / kann. Dies kommt oft bei Welpen und Jungspunden vor, und auch bei Hunden aus dem Tierschutz, die an viele neue Situationen erst noch gewöhnt werden müssen.

Miyuki, auf dem Foto ist ein Jahr alt: Weihnachten feiern mit Kleinkindern aus der Familie.


Mittendrin und doch geschützt fühlen.

Situativ habe ich die Leine auch im Junghundealter / Pubertät / Adoleszenz benutzt, wenn es Tage gab, an denen viel los war und mein Jungspund Mühe hatte, von selbst runterzufahren.

Da mein Hund die „Hausleine“ schon als Welpe positiv verknüpft hat, durch all die lehrreichen Situationen und Hilfestellungen, half es ihr sofort zur Ruhe zu kommen, wenn ich ihr das Brustgeschirr anzog.


Junger Akita mit Hausleine am schlafen
Junger Akita mit Hausleine am schlafen

Gut schlafen kann man auch mit einer „Hausleine“, wenn das Brustgeschirr bequem und die Leine sehr leicht ist. (Der Schlafplatz wurde vom Hund selbst ausgesucht!).

 

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